Volksbühne Berlin am Rosa-Luxemburg-Platz
 

KEAN ou Désordre et Génie Comédie en cinq actes par Alexandre Dumas et DIE HAMLETMASCHINE par Heiner Müller

Er scheute keine Schlägerei, Brandy trank er literweise und nicht weniger als drei Frauen sollten sich stets in der Garderobe zu seiner „seelischen Stabilisierung“ bereithalten: Edmund Kean, ein Trunkenbold und Womanizer und fraglos der genialste Shakespearedarsteller Englands um 1800! Nicht er spielte den „Hamlet“ oder „Othello“, nein, die Rolle spielte ihn! Das Publikum dankte es ihm durch Jubel und Verehrung. Als Spiegel seiner Möglichkeiten zeugte schließlich das mit der industriellen Revolution entstandene Bürgertum einen spezifischen Starkult, der heute im Pop seine Apotheose und in den Starsuchshows seine Simulation findet. Kean war dabei einer der ersten Mediensuperstars – von den Zeitungen gefeiert und gehasst, in jedem seiner privaten Exzesse und in jeder seiner Liebschaften verfolgt und beobachtet. Vom Publikum und der Presse vereinnahmt konnte er jedoch der Upperclass, für die er spielte, nie gleich werden. Denn Kean war ein Kind der Armen, der Schattenseite der Industrialisierung: seine Mutter „eine Straßenhure und Gelegenheitsschauspielerin“, sein mittelloser Vater beging Selbstmord, als Kean nur wenige Monate alt war. So bewegte sich der Star, seinem schauspielerischen und auch kommerziellen Erfolg zum Trotz, in der Parallelwelt der Kneipen in den Armenvierteln. Hier gründete er mit seinen Kumpanen – Gauklern und Wanderschauspielern – den „Wolfsklub“, den Prototyp der revolutionären Zelle. Den „Adel zu hassen“ und alle sozialen Schranken einzureißen, schrieben sich die „Wölfe“ auf ihre Fahnen und stampften es auf die Kneipentische Londons. Der zwischen den Klassen zerrissene Kean, der Schauspieler, der seine Rolle und das „wahre Sein“ auf der sozialen Bühne mit exzessiver Intensität suchte, wird von Frank Castorf nun in der Volksbühne wiederentdeckt. Die Erfahrungen der Künstleravantgarden und Revoluzzer-Popstars des 20. Jahrhunderts, ihr Versuch, mit der Kunst revolutionär in den Alltag einzudringen, bilden die Folie der Inszenierung und verbinden unsere Gegenwart mit der Zeit von Edmund Kean, der er weit voraus war. Nach einem Text von Alexandre Dumas dem Älteren, in der Bearbeitung von Lothar Trolle.

  

Mit: Georg Friedrich (Prinz von Gayles), Axel Wandtke (Graf Koefeld), Jeanette Spassova (Gräfin Koefeld), Christoph Letkowski (Lord Mewill), Alexander Scheer (Edmund Kean), Silvia Rieger (Lady Amy Mewill), Irina Kastrinidis (Mary Kean), Mandy Rudski (Anna Demby), Mex Schlüpfer (Salomon), Andreas Frakowiak (Pistol), Luise Berndt (Die Wölfin Kitty), Inka Löwendorf (Die Wölfin Amanda), Margarita Breitkreiz (Die Wölfin Amanda (alt.)), Henry Krohmer (Constabler) und Steve Binetti

Regie: Frank Castorf
Bühne: Hartmut Meyer
Kostüme: Jana Findeklee, Joki Tewes
Licht: Torsten König
Dramaturgie: Sebastian Kaiser

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